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Nicht auf die leichte Schulter nehmen
Im Winter sind Orthopäden und Traumatologen im Dauereinsatz. Sehr häufig müssen sie sich dann um verletzte Schultergelenke kümmern. Die Schulter ist zwar das beweglichste Gelenk, aber gerade diese Beweglichkeit macht sie auch anfällig für Verletzungen, weiß der Orthopäde Dr. Robert Gruber. Und er rät: Schulterverletzungen sollte man nicht „auf die leichte Schulter“ nehmen.
Die Beweglichkeit in alle Richtungen macht die Schulter zum kompliziertesten und empfindlichsten Gelenk des Körpers. Hier treffen auf engem Raum nicht nur 3 Knochen aufeinander, sondern auch viele Muskeln sowie Sehnen und Bänder, die dem Gelenk zu Stabilität verhelfen. Gerade im Winter kann es zu Stürzen beim Skifahren oder beim Spazierengehen auf vereistem Boden kommen. Auch Eishockey oder Radfahren kann für die Schulter gefährlich werden. Die Folge können verschiedenste Traumata der Schulter sein: Sehnen(an)risse, Verrenkungen, Luxationen, Frakturen des Schüsselbeins oder des Oberarmkopfes. Probleme des Schultergelenks können auch altersbedingt sein, wie Verschleißerscheinungen, Osteoporose oder Arthrose. Dr. Robert Gruber vom Orthopäden-Team der Gemeinschaftspraxis Orthoplus in Bozen und Belegarzt der CityClinic, ist spezialisiert auf Verletzungen der Schulter sowie des Fuß- und des Sprunggelenks.
Schulterverletzungen sind in der Regel schmerzhaft
Egal, ob es sich um Frakturen oder um Bänder- und Sehnenverletzungen handelt – Schulterverletzungen sind äußerst schmerzhaft. Aber, und das ist eine gute Nachricht: Der Orthopäde muss nicht immer chirurgisch eingreifen. Dies gilt vor allem für Zerrungen und Bänderanrisse auch im Rahmen einer Schulterluxation. „Je nach Stabilitätsgrad der Schulter braucht es hier vor allem Geduld von Patient bzw. Patientin“, erklärt Dr. Gruber. „Das Gelenk muss zunächst eingestellt und dann für mehrere Wochen völlig ruhiggestellt werden, bis die Bänderteile wieder zusammengewachsen sind.“ Erst danach könne man mit der Physiotherapie beginnen. Je nach Verletzung und eventuell auftretenden Komplikationen seien 3 Sitzungen in der Woche und – nach Anleitung – tägliches Üben zu Hause nötig. Bei chronischen Schmerzen und bei altersbedingten Beschwerden können Schmerzen auch medikamentös bzw. mit Infiltrationen behandelt werden.
Fraktur des Schlüsselbeins ist häufige Sturzverletzung
Zu den häufigsten Sturzverletzungen zählt die Fraktur des Schlüsselbeines. „Das Schlüsselbein ist ein Knochen mit einem sehr guten Heilungspotenzial“, betont Dr. Gruber. „Bei Patienten und Patientinnen unter 12 Jahren muss eine unkomplizierte Schlüsselbeinfraktur in der Regel nicht operiert werden, ab 12 Jahren und bei Erwachsenen ist nur dann ein chirurgischer Eingriff notwendig, wenn der Bruch zu einer groben Fehlstellung geführt hat, bzw. wenn die Fraktur in der Nähe des Schulter-Eckgelenks erfolgt ist.“ Meist breche das Schlüsselbein aber in der Mitte des Knochens, erklärt der Experte in Orthopädie und Traumatologie. Dann reicht es, das Gelenk mit einem speziellen Gurt für etwa 5 Wochen ruhigzustellen. Ein Sturz auf die Schulter sollte nie auf die leichte Schulter genommen werden unterstreicht Dr. Gruber. „Nicht korrekt versorgte Zerrungen und (An)Risse können sonst Spätfolgen nach sich ziehen.“ Eine gründliche klinische Untersuchung und bei Bedarf eine Magnetresonanz, Sonografie oder Röntgenaufnahmen ermöglichen dem Experten eine korrekte Diagnose.
Fraktur des Oberarmkopfes macht meist OP notwendig
Frakturen des Oberarmkopfes müssen, je nachdem ob es sich um einen unverschobenen oder verschobenen Bruch bzw. um eine einfache oder Trümmerfraktur mit mehreren Fragmenten handelt, in den meisten Fällen chirurgisch versorgt werden. Bei einer sogenannten Osteosynthese-Operation wird der Knochen mit Platten, Nägeln, Schrauben oder Drähten in die richtige Position versetzt. Bei Patienten und Patientinnen fortgeschrittenen Alters muss nicht immer eine Metallentfernung erfolgen.
Rotatorenmanschette: Gerissene Sehnen nähen
Das Schultergelenk wird kappenartig von der Rotatorenmanschette umfasst. Hier treffen 4 Muskeln und deren Sehnen zusammen, die vom Schulterblatt zum Oberarmknochen verlaufen. Sie stabilisieren das Gelenk und ermöglichen die Beweglichkeit des Oberarmknochens. Die Sehnen des Schultergelenks laufen im Oberarmkopf zusammen. Kommt es durch einen Sturz oder durch Verschleiß zu Rissen, müssen die gerissenen Sehnenteile genäht und wieder am Knochen befestigt werden. Der Eingriff erfolgt in Arthroskopie. Bei dieser Technik, auch Gelenkspiegelung oder Schlüssellochchirurgie genannt, werden durch kleine Schnitte eine Optik mit Lichtquelle sowie Arbeitsinstrumente in das Gelenk eingeführt. Der Vorteil dieser minimalinvasiven Methode ist, dass das umliegende Gewebe, vor allem die Muskeln, nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Nach einer solchen Operation müssen die Patienten und Patientinnen meist für 6 Wochen einen Schultergürtel tragen. „Mit der Physiotherapie wird sofort nach dem Eingriff begonnen“, erklärt der Orthopäde. „Allerdings passiv – die Schulter wird vom Physiotherapeuten bewegt, der Muskel selbst darf nicht aktiv arbeiten.“ Nach 6 Wochen kann der Muskel in 2 bis 3 Physiotherapie-Sitzungen pro Woche wieder aktiv bewegt werden. Ab 6 Wochen nach der Operation ist es wichtig, die Kraft der Rotatorenmanschette wieder aufzubauen, um das Gelenk zu bewegen. Wichtig ist das regelmäßige Üben zu Hause. „Nach 3 bis 4 Monaten sollte das Gelenk wieder seine volle Beweglichkeit und Muskelkraft erhalten haben,“ betont der Orthopäde. Wie bei anderen Verletzungen der Gelenke und des Bewegungsapparates ist auch bei Schulterverletzungen das perfekte Zusammenspiel von Orthopäde, Physiotherapeut und Patient bzw. Patientin Voraussetzung für eine komplette Wiederherstellung.
Ausgerenkte Schulter fachgerecht einrenken
Weitere Verletzungen des Schultergelenks sind Luxationen (Ausrenkungen). Dr. Gruber: „Die Schulter ist ein Gelenk mit wenig Knochenkontakt und einer kleinen und sehr flachen Pfanne, deshalb renkt es sich leicht aus, in den meisten Fällen nach vorne. Mit einem fachgerechten Manöver kann die Schulter wieder eingerenkt werden.“ Je jünger der Patient bei einer Schulterluxation ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer bleibenden Instabilität. Eine gründliche klinische Untersuchung und anschließende Magnetresonanz helfen, Begleitverletzungen zu erkennen. Und neben klinischer und chirurgischer Erfahrung braucht es für die Behandlung von Schulterproblemen auch eine besondere Handfertigkeit.
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